«Wir wachsen schneller als der Markt»
Kurz vor Ostern legte das Zuger Unternehmen Galderma, ein Pure Player im Bereich der Dermatologie, einen fulminanten Start an der Schweizer Börse hin. CEO Dr. Flemming Ørnskov erklärt auf Anfrage von «Swissquote Magazine», was sein Unternehmen attraktiv macht.
Bertrand Beauté
Ein glänzender Börsengang: Am 22. März machte der Hautpflegespezialist Galderma seine ersten Schritte an der SIX Swiss Exchange. Der Einführungspreis war auf 53 Franken pro Aktie festgelegt worden. An seinem ersten Tag schloss das Papier jedoch bei 64 Franken. Mit diesem Plus von 20 Prozent stieg die Börsenkapitalisierung des Unternehmens auf 15,4 Mrd. Franken. Bei diesem grössten Börsengang in der Schweiz seit Landis + Gyr, dem Hersteller intelligenter Zähler, im Jahr 2017 kamen für Galderma mehr als zwei Mrd. Franken zusammen. Am 15. April wurde die Galderma‑Aktie immer noch mit rund 63 Franken gehandelt. Für den CEO, den Dänen Flemming Ørnskov, ist das ein wahrer Grund zur Freude.
Der Börsengang ist für Galderma sehr gut verlaufen. Hatten Sie mit einem solchen Erfolg gerechnet?
Ja, ich glaube, man kann unseren Börsengang als Erfolg bezeichnen. Vor dem IPO ist es uns gelungen, bei Anlegern aus der Schweiz, aus Europa und aus Amerika erhebliches Interesse zu wecken. Infolgedessen war die Aktie beim Bookbuilding (Anm. d. Red.: das Auftragsbuch, in dem Kaufaufträge vor dem Börsengang verzeichnet sind) überzeichnet. Die Nachfrage war also höher als das Angebot. Im Übrigen freue ich mich, dass wir langfristige Anleger von uns überzeugen konnten. Für ein innovationsorientiertes Unternehmen wie das unsrige ist das besonders wichtig.
Galderma ist in der Schweiz ziemlich unbekannt. Warum haben Sie für Ihre Kotierung die SIX gewählt?
Das ist das Erbe unseres Unternehmens. Galderma wurde 1981 von Nestlé und L’Oréal gegründet. Wir haben also französische und schweizerische Wurzeln. Doch 2014 übernahm Nestlé den 50‑Prozent‑Anteil, der L’Oréal gehörte, und verkaufte ihn 2019 weiter an ein Fondskonsortium. Wir stammen somit aus der Schweiz, und ich denke, die SIX war für uns die richtige Wahl. Durch diesen Börsengang haben wir an Sichtbarkeit gewonnen – und wir sind sehr attraktiv.
Im Herbst 2021 wurde ein geplanter Börsengang von Galderma erst angekündigt und dann abgesagt. Warum sind Sie jetzt an die Börse gegangen?
Das Finanzumfeld war 2021 für Börsengänge ungeeignet. Jetzt war der Zeitpunkt optimal. In diesen letzten beiden Jahren haben wir unsere Finanzziele erreicht, was uns für die Märkte attraktiv machte. Parallel dazu war die Zeit für einige unserer Anleger aus der Vergangenheit gekommen, ihre Beteiligung an Galderma zu verkaufen.
Durch diesen Börsengang sind für Galderma zwei Mrd. Franken zusammengekommen, ohne Berücksichtigung der Mehrzuteilung. Was wollen Sie mit diesem Geld machen?
Den überwiegenden Teil werden wir für den Abbau unserer Schulden nutzen. Bis zum Jahresende dürfte das Verhältnis von Nettoverschuldung zu EBITDA zwischen 2,25 und 2,5 liegen und mittelfristig dann rasch unter die Marke von zwei sinken. Zurückzuführen ist dies auf das starke Wachstum unseres EBITDA, das wir erwarten.
Am 15. April wurde die Galderma‑Aktie bei rund 63 Franken gehandelt. Ist das in Ihren Augen eine angemessene Bewertung? Wie sehen Sie die Entwicklung des Aktienkurses in den kommenden Monaten?
Das zu beurteilen, liegt nicht an mir. Über den Wert des Unternehmens entscheiden die Anleger. Meine Aufgabe ist es, dafür zu sorgen, dass wir auch in Zukunft unsere Ziele erreichen. Ich bin sehr zuversichtlich, dass uns dies gelingt, sodass unser Unternehmen für den Markt noch attraktiver wird.
«Im Jahr 2023 haben wir einen Umsatz von 4’082 Mrd. Dollar erwirtschaftet, was ein Plus von 8,5 Prozent bedeutet»
In den letzten Jahren verzeichnete Galderma ein höheres Wachstum als der Markt für Dermatologie insgesamt. Wie erklären Sie diesen Erfolg?
Im Jahr 2023 haben wir einen Umsatz von 4’082 Mrd. Dollar erwirtschaftet, was ein Plus von 8,5 Prozent bedeutet. Wir wachsen also schneller als der Markt für Dermatologie, der insgesamt ein Wachstum von etwa 7 Prozent aufweist, und auch schneller als der Beauty‑Markt mit einem Zuwachs von 5 Prozent. Wir hoffen, dass wir in den kommenden Jahren mit einem von uns prognostizierten jährlichen Umsatzwachstum von 7 Prozent zwischen 2023 und 2027 diesen Weg weiter fortsetzen können.
Einer der Gründe für diese Leistung liegt darin, dass wir ein Pure Player im Bereich der Dermatologie sind. Unsere Mitarbeitenden denken an Hautpflege, wenn sie morgens aufstehen und abends zu Bett gehen. Unsere Konkurrenten sind Grosskonzerne, die wie L’Oréal viele verschiedene Produkte verkaufen. Diese Unternehmen leisten sehr gute Arbeit. Aber sie sind wegen ihrer Diversifizierung nicht so nah an den Bedürfnissen der Anwender dermatologischer Produkte wie wir. Bei uns dagegen steht Hautpflege absolut im Mittelpunkt. Unser Ziel ist es, weltweit der Leader in Sachen Dermatologie zu werden.
Welches sind Ihre Hauptaktivitäten?
Wir sind auf drei Feldern aktiv: im Bereich injizierbare ästhetische Produkte (Anm. d. Red.: Hyaluronsäure, Neuromodulatoren), auf die 52 Prozent unseres Umsatzes im Jahr 2023 entfielen und die ein stark wachsendes Segment bilden. Dann im Bereich Hautkosmetik (hier lag der Umsatzanteil 2023 bei 30 Prozent), der ebenfalls erfreuliche Zuwächse erlebt, vor allem bei Premium‑Marken, zu denen wir gehören. Und schliesslich auf dem Feld therapeutischer Produkte (Anm. d. Red.: verschreibungspflichtige Produkte) mit einem Umsatzanteil von 18 Prozent, die einen reiferen Markt darstellen. Hautkosmetik war 2023 das Segment mit dem stärksten Wachstum (+12,1 Prozent) vor den therapeutischen (+8,7 Prozent) und den injizierbaren Produkten (+6,5 Prozent).
Die breite Öffentlichkeit kennt Galderma vor allem wegen der Kosmetikmarke Cetaphil (Reiniger, Anti‑Aging‑Cremes etc.), die jedes Jahr mehr als eine Mrd. Dollar Umsatz erzielt. Das sind 25 Prozent des Firmenumsatzes. Ist es nicht riskant, derart von einer Marke abhängig zu sein?
Nein, das ist ein Vorteil. In der Dermatologie gibt es nicht viele Produkte mit einem Umsatz von mehr als einer Mrd. Dollar. Bei der Cetaphil‑Reihe, die von zahlreichen Dermatologen empfohlen wird, ist das der Fall. Hierzu gehören Produkte mit mehreren Anwendungsbereichen, die in vielen Verkaufsstellen angeboten werden. Auch der Online‑Verkauf ist sehr wichtig. Im Übrigen verfügen wir in unserer Pipeline über zwei weitere Blockbuster, also Produkte, mit denen wir längerfristig mehr als eine Mrd. Dollar pro Jahr an Umsatz erwirtschaften könnten.
Eines davon ist der Antikörper Nemolizumab, der gegen atopische Dermatitis eingesetzt werden soll (eine chronische, juckende Hauterkrankung). Wie sieht das Potenzial des Produkts aus, und wann kommt es auf den Markt?
Nemolizumab ist ein medizinisches Produkt, das zwei mögliche Anwendungsbereiche hat: die Behandlung von atopischer Dermatitis, an der weltweit mehr als 230 Millionen Menschen leiden, und von Prurigo nodularis, einer chronisch‑entzündlichen Hautkrankheit. Bei diesen beiden Anwendungsbereichen könnte Nemolizumab nach unserer Schätzung längerfristig zwei Mrd. Umsatz pro Jahr generieren. Zurzeit wird Nemolizumab von den amerikanischen und europäischen Behörden geprüft. Im Falle der Zulassung könnte der Vertrieb im nächsten Jahr für beide Indikationen beginnen.
Welches ist der andere Blockbuster, der sich in Entwicklung befindet?
Das ist QM‑1114, ein hochgradig aktiver und gebrauchsfertiger Neuromodulator, der in flüssiger Form vorliegen wird. Das medizinische Fachpersonal muss ihn daher nicht erst vor der Injektion aus Pulver herstellen. Dadurch werden Unterschiede in der Dosierung vermieden.
Wie wichtig sind Forschung und Entwicklung für Sie?
Überaus wichtig. Seit 2019 haben wir mehr als 700 klinische Studien durchgeführt. Derzeit wenden wir pro Jahr rund 300 Mio. Franken für Forschung und Entwicklung auf, etwa 7,5 Prozent des Umsatzes. In den nächsten Jahren wird sich diese Zahl weiter erhöhen, wenn der Umsatz steigt.
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