Top-Firmen aus dem Osten
In Osteuropa gibt es viele wahre "Nuggets", die im Westen kaum bekannt sind. Hier unsere Auswahl.
Blandine Guignier und Julie Zaugg
Gründung: 2003
Hauptsitz: Budapest, Ungarn
Beschäftigte: Mehr als 8'000
Umsatz 2024 (Steuerjahr bis zum 31. März): EUR 5,1 MRD.
Stock Exchange: WIZZ.L
Diese Billigfluggesellschaft fordert ihre westlichen Konkurrenten heraus. Unbegrenzt fliegen für 599 Euro pro Jahr? So lautet das kühne Angebot, das die ungarische Fluggesellschaft Wizz Air diesen Sommer eingeführt hat. Auch wenn die Auswirkungen auf die Einnahmen laut Gábor Bukta, Analyst bei Concorde, als "marginal" eingestuft werden, veranschaulicht es die aggressive Expansionsstrategie der 2003 gegründeten Airline. Nach einem starken Wachstum in Osteuropa – vor allem in Ungarn, Polen, Rumänien und der Ukraine – hat Wizz Air seine Flotte erheblich ausgebaut und die Zahl der neuen Destinationen in Westeuropa erhöht, und zwar insbesondere während der Pandemie, als die Konkurrenz in der Defensive verharrte.
Die Fluggesellschaft, die seit 2015 an der Londoner Börse kotiert ist, fliegt heute fast 200 Ziele in 53 Ländern an. "Als Ultra-Low-Cost-Carrier erzielt Wizz Air den Grossteil der Einnahmen nicht durch den Flugticketverkauf, sondern durch zusätzliche Dienstleistungen wie Extra-Gepäckstücke oder Bordverpflegung", sagt Yi Zhong, Analyst bei AlphaValue. Im Geschäftsjahr 2023/24 sind die Einnahmen von Wizz Air um 30,2 Prozent auf fast 5,1 Mrd. Euro gestiegen, bei einem Nettogewinn von 366 Mio. Euro. Die Zahl der Fluggäste hat sich ebenfalls stark erhöht, und zwar um 21,4 Prozent auf 62 Millionen. Diese Dynamik dürfte sich fortsetzen, da die Fluggesellschaft im Sommer 2024 einen Buchungsrekord verzeichnet hat, obwohl die Kapazitäten im Allgemeinen rückläufig waren. Wizz Air erwartet für das kommende Geschäftsjahr einen Gewinn von 500 bis 600 Mio. Euro.
Nichtsdestotrotz steht die Gesellschaft vor mehreren Herausforderungen. "Der Krieg in der Ukraine hatte einen starken Einfluss auf die Einnahmen von Wizz Air, sodass die Gesellschaft gezwungen war, mehrere Strecken in Osteuropa aufzugeben", betont Yi Zhong. Zudem haben Probleme an den Pratt-&-Whitney-Triebwerken der Airbus-Modelle A320neo 20 Prozent der Flotte lahmgelegt, sodass Wizz Air acht zusätzliche Flugzeuge leasen musste. Das wird laut Gábor Bukta in diesem Jahr etwa 100 Mio. Euro kosten. Die Gesellschaft muss sich auch dem starken Wettbewerb von Ryanair in Osteuropa stellen. "Die beiden Airlines liefern sich einen regelrechten Preiskrieg", erklärt Gábor Bukta. Er führt insbesondere das Beispiel Albanien an, wo der zeitgleiche Markteintritt der beiden Fluggesellschaften Ende 2023 den durchschnittlichen Ticketpreis um 15 bis 25 Prozent gesenkt hat.
Um das künftige Wachstum zu sichern, blickt Wizz Air nach Osten. "Die Airline hat zahlreiche Flugzeuge vom Typ A321XLR bestellt, die auch Mittelstreckenflüge abdecken können", erläutert Yi Zhong. XLR steht für Extra Long Range. Die neue, in Abu Dhabi stationierte Flotte wird nach Süd- und Ostasien fliegen. Im Frühjahr 2024 kündigte Wizz Air an, man wolle Verbindungen nach Indien mit Tickets für weniger als 200 Euro aufnehmen. "Im Gegensatz zu traditionellen Fluggesellschaften, die diese Flüge mit Flugzeugen mit zwei Gängen im Inneren durchführen, hat die A321XLR nur einen Mittelgang und ist daher wirtschaftlicher zu betreiben", erklärt der Analyst. Trotz der hohen Verschuldung des Unternehmens hält Gábor Bukta an seiner Kaufempfehlung fest, da er der Meinung ist, dass die zu bewältigenden Herausforderungen im aktuellen Kurs der Aktie bereits eingepreist wurden, die er für unterbewertet hält.
Gründung: 1999
Hauptsitz: Posen, Polen
Beschäftigte: 7'000
Umsatz 2023: PLN 58’373 MIO. (CHF 12,77 MRD.)
Stock Exchange: ALE
Der führende Onlinemarktplatz in Polen konnte sich gegen die amerikanischen Giganten durchsetzen. In den 2000er-Jahren hat Allegro in Polen eine Meisterleistung vollbracht: Die Firma war besser als der amerikanische Konkurrent eBay, der sie inspiriert hatte. Allegro konnte die kleinen und mittelständischen Unternehmen im Land davon überzeugen, ihre Waren auf seiner Plattform zu verkaufen. Dieser Erfolg verhalf dem Unternehmen zu einem derart rasanten Wachstum, dass es 2020, mitten in einer Pandemie, in Warschau an die Börse ging. Die Aktie katapultierte sich an die Spitze des polnischen Index WIG30. Die Bewertung dieses Einhorns kletterte an einem einzigen Tag von 11 auf 19 Mrd. Dollar.
2021 tauchte eine neue Herausforderung auf, als mit Amazon ein weiterer amerikanischer Riese auf den polnischen Markt drängte. Angesichts dieser Ankündigung sank die Allegro-Aktie vorübergehend. Aber drei Jahre später zeigt sich das Unternehmen widerstandsfähig. Sein Marktanteil in Polen bleibt laut Sean Dunlop, Analyst bei Morningstar, stabil bei rund 45 Prozent: "Der aktuelle Preis von Allegro ist eine interessante Gelegenheit für Anleger, die ein qualitativ hochwertiges Engagement im E-Commerce anstreben", so der Analyst Ende September. Zusätzlich zu der Onlineverkaufsplattform diversifiziert Allegro seine Aktivitäten in angrenzenden Bereichen wie Werbung, Lieferung sowie Onlinezahlung und stärkt so sein Ökosystem.
2022 hat das Unternehmen mit der Übernahme des slowakischen Logistikspezialisten WeDo und des tschechischen Onlineshops Mall Group auch seinen Einfluss ausserhalb Polens ausgeweitet. Durch diese Akquisitionen konnte Allegro seine Präsenz in der Tschechischen Republik, der Slowakei, Ungarn, Slowenien und Kroatien ausbauen, sodass die Zahl der aktiven Käufer 2023 um 39,7 Prozent auf 19,6 Millionen anstieg.
Gründung: 1991
Hauptsitz: Danzig, Polen
Beschäftigte: 43'000
Umsatz 2023: PLN 17,4 MRD. (CHF 3,8 MRD.)
Stock Exchange: LPP
Als Eigentümer der Trendmarke Sinsay sowie weiterer Bekleidungsmarken hat sich dieser Konzern bereits in rund 30 Ländern etabliert. Ein geblümtes Rüschenkleid für 15 Euro, ein Paar schwarze Stiefeletten für 30 Euro oder ein gestreifter Blazer in Marineblau für 18 Euro: Die Schnitte sind einfach, der Stil trendig, aber nicht übertrieben. In Osteuropa erfreut sich die Marke Sinsay eines Bekanntheitsgrads, der mit dem von H&M oder Zara vergleichbar ist. Sie gehört zu LPP, einem 1991 in Gdańsk gegründeten Konzern. Bereits Ende der 1990er-Jahre begann LPP damit, eigene Marken wie Reserved und Cropp zu entwickeln und Geschäfte unter diesen Labels zu eröffnen. 2008 konnte der Konzern durch die Übernahme eines Wettbewerbers House und Mohito in sein Portfolio aufnehmen. Sinsay ergänzte das Angebot 2013.
Heute betreibt der Bekleidungskonzern 2’275 Geschäfte in 27 Ländern und besitzt Online-shops, über die er seine Produkte in rund 40 Märkten verkauft. Im Ende Januar abgeschlossenen Geschäftsjahr verzeichnete LPP ein Wachstum von 9,3 Prozent und erzielte einen Umsatz von 17,4 Mrd. Zloty (3,8 Mrd. Franken). "Der Grossteil dieses Wachstums stammt von der Marke Sinsay, die sich mit preisgünstigen Produkten an ein junges Publikum richtet", erklärt Janusz Pieta, Analyst bei mBank. Inspiriert vom Modell der Fast-Fashion-Pioniere wie Zara "beobachtet Sinsay die Markttrends, um sie schnell in erschwingliche Produkte umzusetzen", ergänzt Sylwia Jaskiewicz, Analystin bei DM BOŚ.
Der Konzern plant, die Zahl seiner Geschäfte in den nächsten Jahren im Rahmen einer "aggressiven Expansionsstrategie" erheblich zu erhöhen, so Janusz Pieta. Bis 2026 will LPP 4’755 Läden betreiben, darunter 3’248 Sinsay-Filialen. Um diese Ziele zu erreichen, muss LPP jedoch ein grosses Hindernis überwinden: Anfang 2024 veröffentlichte die amerikanische Gruppe Hindenburg Research einen Bericht, in dem sie dem Konzern vorwarf, weiterhin heimlich in Russland zu operieren, obwohl man zu Beginn des Ukrainekriegs den Rückzug aus diesem Land angekündigt hatte.
Im Juni 2022 hatte LPP erklärt, dass der Konzern sein Russland-Geschäft – das ein Viertel seines Umsatzes ausmachte – für 382 Mio. Dollar an das in Dubai ansässige Unternehmen Far East Services verkauft hätte, das als chinesisches Konsortium dargestellt wurde. Hindenburg zufolge handelte es sich bei dieser Einheit jedoch nur um eine leere Hülle, die am Tag vor der Ankündigung gegründet worden war. Ausserdem würden die ehemaligen LPP-Geschäfte in Moskau und St. Petersburg weiterhin die Produkte des Konzerns verkaufen, die über Kasachstan angeliefert würden, so der Bericht.
Die Veröffentlichung des Berichts bewirkte einen Kursabfall der LPP-Aktie um 36 Prozent. "Diese Situation führte zu einem Verlust der Glaubwürdigkeit bei den Anlegern", stellt Sylwia Jaskiewicz fest. Um sein Image wiederherzustellen, konzentriert sich das polnische Unternehmen nun auf andere Märkte, insbesondere in Mittel- und Südeuropa, allen voran Rumänien, Griechenland und Italien. Trotz dieser Schwierigkeiten bleibt Sylwia Jaskiewicz bei ihrer Kaufempfehlung, da sie die Fundamentaldaten des Unternehmens weiterhin für solide hält. Sie hebt auch die erheblichen Einsparungen im Onlinehandelssegment hervor.
Gründung: 1990
Hauptsitz: Prag, Tschechische Republik
Beschäftigte: 7'563
Umsatz 2023: CZK 36,2 MRD (CHF 1,34 MRD.)
Stock Exchange: KONN
Dieses renommierte Institut feilt an seinem digitalen Angebot, um seine Position auf dem heimischen Markt zu stärken. Die Komerční Banka, die drittgrösste Bank der Tschechischen Republik, hat sich einen soliden Ruf als Spezialist für Retail-Banking sowie Finanzdienstleistungen für Kleinunternehmer aufgebaut. Das Geldinstitut, das sich zu 60 Prozent im Besitz der Société Générale befindet, verfügt über 1,7 Millionen Kunden, deren Einlagen sich auf mehr als 1 Billion tschechische Kronen belaufen. 2020 gab si die Bank eine ehrgeizige Strategie, um bis 2025 die Anzahl ihrer Filialen zu verringern und ihre Dienstleistungen zu digitalisieren.
Diese Transformation soll nicht nur die Kosten senken, sondern auch durch den Verkauf von mehr Finanzprodukten, insbesondere über ihre mobile App, die Einnahmen erhöhen. In Tschechien, wo man in einem Umfeld niedriger Zinssätze die Rendite von Ersparnissen maximieren will, zeigt sich bereits ein reges Interesse an diesen Produkten. 2023 hat sich das Volumen der Vermögenswerte, die die Komerční Banka in Investmentfonds, Pensionsfonds oder Lebensversicherungen angelegt hat, um 16 Prozent erhöht. Die Einlagen stiegen um 9,7 Prozent und die Kredite um 5,5 Prozent.
Die meisten Analysten gaben eine Kaufempfehlung ab, da sie die Fundamentaldaten der Bank für solide halten. Die Gesamtkapitalquote, mit der die zur Verlustabsicherung gebildeten Reserven gemessen werden, liegt mit 18,8 Prozent deutlich über den in der Tschechischen Republik gesetzlich vorgeschriebenen 8 Prozent. Ein weiterer Pluspunkt für die Aktionäre ist die Dividende von 82,66 tschechischen Kronen pro Aktie, die eine Rendite von 11,4 Prozent im Durchschnitt der letzten fünf Jahre (15,3 Prozent -5,97 Prozent) bietet.
Gründung: 2008
Hauptsitz: Budapest, Ungarn
Beschäftigte: 454
Umsatz 2023: HUF 96 MRD. (CHF 225 MIO.)
Stock Exchange: ALTEO
Dieser Pionier für grüne Lösungen in Ungarn ist solide aufgestellt, um weiter wachsen zu können. Alteo ist das Flaggschiff des ungarischen Energiesektors und hat sich im Bereich der Energiewende einen Namen gemacht. Das Unternehmen verfügt über ein diversifiziertes Portfolio an Vermögenswerten, das insbesondere Solarkraftwerke, Windparks, Wasserkraftwerke und Biogasanlagen umfasst. 2023 errichtete Alteo ein virtuelles Kraftwerk, das ausschliesslich erneuerbare Energiequellen integriert – eine Premiere in Ungarn. Bei dieser Innovation geht es um ein zentralisiertes und optimiertes Management mehrerer Kraftwerke, die grüne Energie erzeugen. Dieses System erhöht die Flexibilität des Netzes.
Parallel dazu diversifiziert Alteo seine Aktivitäten vor allem durch Tochtergesellschaften, die sich auf die Abfallentsorgung oder die Bereitstellung von Ladegeräten für Elektrofahrzeuge spezialisiert haben. Trotz sinkender Energiepreise im Jahr 2023 konnte sich die ungarische Firma gut behaupten. Im ersten Halbjahr 2024 war das konsolidierte EBITDA um -25 Prozent und der Nettogewinn um -50 Prozent niedriger als im ersten Halbjahr 2023, was jedoch wiederum auf ein aussergewöhnliches Jahr 2022 zurückzuführen ist. Anfang September 2024 verfügte das Unternehmen nach den Dividendenzahlungen vom Juni immer noch über ein Liquiditätspolster von 10,6 Mrd. Forint, mit dem es seine kurzfristigen Verbindlichkeiten komfortabel decken konnte.
Alteo ist derzeit noch ein kleiner Akteur, der stark vom ungarischen Markt abhängig ist. Doch mit der zunehmenden Bedeutung der Erneuerbaren im europäischen Energiemix ist das Unternehmen gut positioniert, um sich einen Teil dieses Wachstums zu sichern – nicht zuletzt aufgrund seiner Führungsrolle bei integrierten Energielösungen. Ein Titel, den man im Auge behalten sollte.
Gründung: 1990
Hauptsitz: Karkau, Polen
Beschäftigte: 5'000
Umsatz 2023: PLN 8’843,7 MIO. (CHF 1,94 MRD.)
Stock Exchange: INPST
Diese Firma hat sich dank ihres Netzwerks von Automaten und Abholstationen zu einem der wichtigsten Akteure in Sachen Paketzustellung in Europa entwickelt. Mit dem rasanten Wachstum des Onlinehandels ist die logistische Herausforderung des "letzten Kilometers" für Lieferunternehmen zu einem wichtigen Thema geworden. Die Firma InPost, die seit 25 Jahren in diesem Bereich tätig ist, entwickelte sich von einem Prospektzusteller zu einem Anbieter von Standardlieferungen und führte 2009 eine wichtige Innovation ein: automatische Schliessfächer. Nutzer können so
Pakete in Selbstbedienung rund um die Uhr verschicken und empfangen. Diese ersten Schliessfächer brachten das Unternehmen auf Erfolgskurs. 2020 verfügte InPost über mehr als 10’000 Fächer in ganz Polen. InPost profitierte vom Aufschwung des Onlinehandels während der Pandemie und ging Anfang 2021, einige Monate nach der polnischen Onlineplattform Allegro, an die Börse. Das brachte der Firma 2,8 Mrd. Euro ein. Im selben Jahr konnte InPost durch die Übernahme der Mondial Relay-Gruppe (Ex-Tochtergesellschaft von 3 Suisses) in Frankreich, den Beneluxländern und auf der iberischen Halbinsel Fuss fassen. Die Expansion setzte sich mit Niederlassungen in Italien und Grossbritannien fort.
Heute betreibt InPost fast 35’500 Automaten und mehr als 30’500 Abholstationen in neun Ländern und ist damit eines der grössten europäischen Netzwerke. Im zweiten Quartal 2024, dessen Ergebnisse im September veröffentlicht wurden, übertraf InPost die Erwartungen mit einem Volumen von mehr als 264,4 Millionen bearbeiteten Paketen, was einem Wachstum von 20 Prozent in Polen und 29 Prozent in den anderen Märkten entspricht. Die meisten Analysten empfehlen den Kauf der Aktie.
Gründung: 1990
Hauptsitz: Budapest, Ungarn
Beschäftigte: 8'000
Umsatz 2023: HUF 594’510 MIO. (CHF 1,4 MRD.)
Stock Exchange: 4IG
Dieser Konzern ist innerhalb weniger Jahre zu einem wichtigen Akteur in der Region geworden. In nur wenigen Jahren hat sich 4iG von einem mittelgrossen ungarischen Unternehmen zu einem diversifizierten Konzern mit 8’000 Mitarbeitern entwickelt. Diese Transformation begann 2017, als Lőrinc Mészáros, Ungarns reichster Mann und enger Vertrauter von Präsident Viktor Orbán, die Firma aufkaufte, und setzte sich dann unter der Leitung von Gellért Jásza, dem derzeitigen CEO, fort. Der Nettoumsatz des Unternehmens hat sich zwischen 2018 und 2024 beinahe verfünfzigfacht und belief sich im ersten Halbjahr 2024 auf 328,4 Mrd. Forint (ca. 783 Mio. Franken). Gleichzeitig stieg der Aktienkurs an der Budapester Börse um das Zehnfache auf 770 Forint (1,84 Franken).
Heute hat sich 4iG als wichtiger Akteur auf dem ungarischen Telekommunikationsmarkt etabliert, und zwar insbesondere durch strategische Übernahmen wie die von Vodafone Hungary, dem zweitgrössten Mobilfunkanbieter des Landes, sowie der lokalen Niederlassung des rumänischen Internetanbieters Digi und der auf Rechenzentren, Glasfaser und IT-Lösungen spezialisierten Firma Invitec. Auf internationaler Ebene erweiterte 4iG durch die Übernahme von ONE seine Präsenz in Albanien und Montenegro. Die Gruppe diversifizierte sich auch durch eine Partnerschaft mit dem deutschen Rüstungskonzern Rheinmetall und eine Beteiligung an dem israelischen Satellitenunternehmen Spacecom.
Nora Nagy, Analystin bei der Erste Group, meint, dass die neue Organisation mit drei verschiedenen Unternehmensbereichen – Telekommunikation, Infrastruktur und Informationstechnologie – sowie die Konsolidierung der Bereiche Raumfahrt und Verteidigung zu einer eigenständigen Einheit ein logischer Schritt seien, der es 4iG ermöglichen dürfte, mehr Wert für seine Aktionäre zu schaffen.
Gründung: 2005
Hauptsitz: New York, USA
Beschäftigte: 4'000
Umsatz 2023: USD 1,31 MRD.
Stock Exchange: PATH
Weltweit kommen die Lösungen dieser in Bukarest gegründeten Firma zum Einsatz. Unternehmen aller Grössen und Branchen, von multinationalen Konzernen bis hin zu lokalen Akteuren wie Banken, Privatkrankenhäusern oder Eisenbahnbetreibern, setzen die Lösungen von UiPath ein. Die Firma ist aus dem Bereich der robotergestützten Prozessautomatisierung (RPA) nicht mehr wegzudenken. Problemlos lässt sich die Plattform von UiPath in bestehende Unternehmenssoftware wie CRM (Customer Relationship Management)- oder ERP (Enterprise Resource Planning)-Systeme integrieren, um repetitive Aufgaben im Front- wie im Back-office zu automatisieren, die die Mitarbeiter früher manuell ausgeführt haben. Das erhöht die Effizienz der Unternehmen.
Mit der jüngsten Integration von KI-Technologien nimmt die Produktivität der UiPath-Nutzer weiter zu. "Die Fortschritte in Sachen künstliche Intelligenz in den letzten zwei Jahren haben die Leistung der UiPathPlattform deutlich gesteigert", beobachtet Scott Berg, Analyst bei Needham & Company. Seiner Meinung nach können nur wenige Unternehmen mit UiPath mithalten. Die Firma verfügt mittlerweile über einen Anteil von mehr als 35 Prozent am weltweiten RPA-Markt, der sich nach Schätzungen der Beratungsfirma Gartner 2023 auf 3,2 Mrd. Dollar belief. Damit liegt das Unternehmen vor renommierten Konkurrenten wie Automation Anywhere (9,7 Prozent), Blue Prism (8,7 Prozent) und sogar Microsoft (3,3 Prozent).
Die Tatsache, dass es diesem 2005 in Bukarest gegründeten Unternehmen gelungen ist, TechGiganten zu überholen, ist bemerkenswert. Sein erstes Automatisierungsprodukt, das 2013 auf den Markt kam, gewann schnell an Boden. 2021 nahm UiPath bei seinem Debüt an der New Yorker Börse 1,34 Mrd. Dollar ein – und die Bewertung stieg auf 35,8 Mrd. Dollar. Hinsichtlich der Investitionsaussichten gibt Scott Berg eine Halteempfehlung ab, weil er trotz der starken Leistungen des Unternehmens erst noch überzeugendere Ergebnisse abwarten will. "Ich möchte ein oder zwei Quartale mit kontinuierlichem Wachstum sehen, bevor ich die Aktie zum Kauf empfehle", erklärt der Analyst.
Das Unternehmen steht vor zwei grossen Herausforderungen: die Umstellung der Dienstleistungen auf ein Cloud-Angebot und die Umstrukturierung des Geschäftsmodells unter der Leitung von Mitbegründer Daniel Dines. Er ist als CEO zurückgekehrt, um diesen Umbau zu steuern. Die Auswirkungen dieser Veränderungen dürften in den kommenden Monaten sichtbar werden. Im zweiten Quartal des Geschäftsjahrs 2024 hat UiPath einen Umsatz von 316 Mio. Dollar verzeichnet, was einem Anstieg von 10 Prozent gegenüber dem Vorjahr entspricht.
Gedeon Richter: Führendes Unternehmen im Bereich der Frauengesundheit
Gründung: 1901
Hauptsitz: Budapest, Ungarn
Beschäftigte: 11'600
Umsatz 2023: HUF 805’158 MIO. (CHF 1,9 MRD.)
Stock Exchange: RICHTER
Dieses ungarische Unternehmen glänzt in mehreren Bereichen, vor allem dank seiner massiven Investitionen in Forschung und Entwicklung. Das Unternehmen, das der ungarische Chemiepionier Gedeon Richter 1901 gegründet hat, ist heute in rund 50 Ländern vertreten – von Lateinamerika bis Australien und natürlich auch in Westeuropa sowie in China. Der Erfolg beruht auf der Weigerung, sich nach der kommunistischen Ära auf die Generikaherstellung zu beschränken. Es hat massiv in Forschung und Entwicklung investiert, errichtet das erste Zentrum in diesem Bereich in Mitteleuropa und kaufte Firmen in verschiedenen westlichen Ländern auf, um Originalpräparate herzustellen.
Frauengesundheit ist eine der Säulen des Unternehmens mit 11’600 Beschäftigten. Dieser Bereich generiert ein Drittel des Umsatzes mit Arzneimitteln, das heisst 256 Mrd. Forint im Jahr 2023, was etwa 700 Mio. Franken entspricht (+12 Prozent gegenüber 2022). Gedeon Richter stellt seit 1966 Antibabypillen her und hat vor Kurzem Teile des in diesem Bereich tätigen belgischen Unternehmens Mithra aufgekauft. Doch das Portfolio reicht über den Bereich Empfängnisverhütung hinaus und umfasst beispielsweise auch Behandlungen gegen Unfruchtbarkeit, Endometriose oder Gebärmutterhalskrebs.
Das Thema "zentrales Nervensystem" ist ein weiterer wichtiger Unternehmensbereich. So vermarktet der Konzern ein Antipsychotikum, das, insbesondere in den USA, bei Schizophrenie verschrieben wird. Dank dieses Arzneimittels verzeichnete das Segment zwischen 2022 und 2023 ein Wachstum um 41 Prozent auf 206 Mrd. Forint (ca. 560 Mio. Franken). Neben Herz-Kreislauf-Medikamenten und nicht verschreibungspflichtigen Produkten zeichnet sich Gedeon Richter zudem durch seinen Schwerpunkt auf Biosimilars aus. Der Konzern hat gerade in Deutschland bei seiner Tochtergesellschaft Helm ein Werk eröffnet, um seine Kapazitäten in diesem Bereich zu verdreifachen. Die meisten Analysten empfehlen die Aktie zum Kauf.
Gründung: 1933
Hauptsitz: Sofia, Bulgarien
Beschäftigte: 1'750
Umsatz 2023: BGN 1’874 MIO. (CHF 887,3 MIO.)
Stock Exchange: SFA
Dieses Unternehmen baut seinen Kundenkreis dank einer integrierten Herstellungs- und Vertriebsstrategie weiter aus. "Sopharmas grösster Pluspunkt ist die vollständige Integration in Bulgarien, von der Herstellung über den Vertrieb bis hin zum Verkauf von Medikamenten", erklärt Tatiana Puncheva-Vassileva, Analystin bei Elana Trading. Diese Transformation von einem staatlichen Generikahersteller zu einem integrierten, an der Sofioter Börse kotierten Unternehmen wurde in nur 20 Jahren vollzogen. Heute erreicht das Unternehmen mit einer Bewertung von mehr als einer Mrd. Lew (BGN), was etwa 500 Mio. Franken entspricht, die zweitgrösste Marktkapitalisierung des Landes.
Sopharma konzentriert sich sowohl bei der Medikamentenherstellung als auch in Forchung und Entwicklung auf Generika: Unter den 200 Produkten im Katalog gibt es nur 15 Originalmedikamente und 12 pflanzliche Arzneimittel. Die Produktion erfolgt grösstenteils in den neun bulgarischen Werken und zu einem geringen Teil in der Ukraine. Demnächst will der Konzern auch in Serbien produzieren, wo er gerade den Arzneimittelhersteller Pharmanova erwirbt. Das exportorientierte Unternehmen erzielt etwa 60 Prozent seines Umsatzes in der ehemaligen UdSSR, insbesondere in Russland, Weissrussland und der Ukraine. Auf dem heimischen Arzneimittelmarkt hat Sopharma volumenmässig einen Anteil von 7 Prozent und wertmässig einen Anteil von 2 Prozent.
Die Vertriebssparte von Sopharma ist ebenfalls eine wichtige Säule des Konzerns. Sie nimmt auf dem bulgarischen Markt den dritten Platz ein. Der Umsatz wird weitgehend über die auf einem Franchise-Modell basierende Apothekenkette Sopharmacy und über Krankenhäuser erzielt. Der Grosshändler hält mehr als ein Viertel der Marktanteile im letztgenannten Kanal und ist damit der grösste Akteur in Bulgarien in diesem Bereich. In Serbien hat Sopharma neben dem Hersteller Pharmanova 2019 auch den serbischen Grosshändler Lekovit übernommen und scheint damit sein integriertes Geschäftsmodell zu replizieren.
Im Bereich Arzneimittel- und Kosmetikaverkauf an Verbraucher wuchs die Kette Sopharmacy von 60 Apotheken 2019 auf mehr als 220 im Jahr 2024. "Angesichts der Natur des Marktes mit seinen hohen Umsätzen und niedrigen Margen ist die Grössenordnung der wichtigste Faktor für die Generierung von Cashflow", betont die Expertin von Elana Trading. "Um diese zu erreichen, sind hohe Investitionen in den Erwerb neuer Apotheken erforderlich, was Sopharma Trading in den letzten drei Jahren auf aggressive Weise getan hat. Wir erwarten, dass das Unternehmen sein Wachstum im Arzneimittelbereich in den nächsten fünf Jahren durch Fusionen und Übernahmen vorantreiben wird."
Nachdem Sopharma im Januar dieses Jahres beschlossen hatte, eine Halbjahresdividende von 109 Mio. bulgarischen Lew – das ist der bisherige Rekord an der bulgarischen Börse –mit einer Rendite von 12,7 Prozent auszuschütten, gab Elana Trading eine Kaufempfehlung bezüglich der Aktie heraus. "Natürlich besteht das Risiko geopolitischer Turbulenzen auf den wichtigsten Exportmärkten, und man muss die Umsatzerlöse in diesem Sektor im Auge behalten, in dem die Margen schrumpfen und die Arbeitskosten steigen, aber es handelt sich um einen grossen Akteur, den man beobachten sollte."
Gründung: 1961
Hauptsitz: Lubin, Polen
Beschäftigte: 34'000
Umsatz 2023: EUR 7,26 MRD.
Stock Exchange: KGH
Dieser Konzern profitiert von der starken Nachfrage nach dem roten Metall, das im Bereich der erneuerbaren Energien und neuen Technologien unabdingbar ist. Das ehemalige Staatsunternehmen KGHM, dessen Reserven auf 40 Millionen Tonnen geschätzt werden, hat sich als einer der grössten Kupferproduzenten der Welt durchgesetzt. Der Konzern profitiert in vollem Umfang von der steigenden Nachfrage nach Kupfer, einem wichtigen Metall für Stromnetze, Elektrofahrzeuge und Windkraftanlagen. Polen, wo KGHM drei Bergwerke betreibt, macht 80 Prozent seiner Gesamtproduktion aus. "Diese Vorkommen sind geologisch komplex: Man muss bis zu einer Tiefe von einem Kilometer graben, um sie zu erreichen. Dafür weisen sie einen relativ hohen Kupfergehalt von circa 1,3 Prozent auf", erklärt Jakub Szkopek, Analyst bei der Erste Group. Die weltweite Kupfernachfrage dürfte seiner Meinung nach jedoch jedes Jahr um 2 bis 3 Prozent steigen, sodass es bereits ab 2026 zu Engpässen kommen könnte.
Neben dem Bergbau ist KGHM mit drei Schmelzereien und Raffinationsanlagen aktiv, sodass der Konzern Halbfertigprodukte liefern kann. Ausserhalb Polens betreibt das 1991 privatisierte Unternehmen die Sierra-Gorda-Mine in Chile, die 1,3 Mrd. Tonnen an kupfer-, gold- und molybdänreichen Erzen enthält. Der Konzern besitzt auch Bergwerke in den USA und in Kanada, wo er Kupfer, Gold, Nickel und Silber produziert. Die Expansionsbestrebungen von KGHM werden jedoch, insbesondere in Polen, durch Umweltbedenken gebremst. Daher ist der Konzern gezwungen, massiv in grüne Technologien wie Windenergie und Mini-Kernreaktoren zu investieren, um seine Geschäftstätigkeit zu dekarbonisieren. Die Mehrheit der Analysten bleibt bei einer Halte-empfehlung.
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